Der Garten Eden des Gamings
Angefangen habe ich mit Videospielen auf einem, damals recht modernen 133 MHz Rechner mit Windows 95. Die größten Probleme bestanden meist darin, die Spiele möglichst optimal zum Laufen zu bringen. Nicht selten hat man ewig herumgedoktert, bis dann endlich mal das gewünschte Spiel ordentlich funktionierte und auf LAN-Partys war es Standard, dass mindestens ein Spieler bei einem der Spiele nicht mitwirken konnte, weil es schlicht irgendwelche Probleme gab, die unseren Horizont überstiegen. Abgesehen von diesen kleinen Unannehmlichkeiten war das Leben als Gamer fantastisch. Noch sehr gut erinnere ich mich an die Zeit, als ich in den örtlichen Media Markt ging, mir ein Spiel aus dem überschaubaren Angebot aussuchte, auf der Fahrt nach Hause das meist gut ausgestattete Booklet durchlas und eine beinahe unbeherrschbare Vorfreude verspürte.
Die Zeit als Gamer war früher, ganz objektiv, besser. Spiele verstanden sich als ein neues Medium, eine Kunstform, die meist von Menschen entwickelt wurden, welche ihre Arbeit mit Hingabe erledigten. Es ging dort stellenweise mehr um Selbstverwirklichung als um Wirtschaftserfolg. Das Internet existierte zwar, aber nicht jeder hatte einen Anschluss. Erst recht nicht in Deutschland, denn die BRD war damals wie heute ein Entwicklungsland auf diesem Gebiet. Doch selbst wenn man Internet hatte, war das höchste der Gefühle ein langsamer ISDN- Anschluss, viele hatten nur ein schäbiges Modem um online gehen zu können. Das klingt jetzt wie ein großer Nachteil, doch für uns Videospielenthusiasten war dies der große Schutzwall! Ohne Internet waren wir verdammt sicher und die Arbeitslast lag vollends bei den Entwicklern und den Publishern.
Gut Ding will Weile haben
Hätte ein Publisher einen Entwickler gedrängt, ein Spiel verfrüht und unfertig zu veröffentlichen, wäre dieses Spiel gefloppt, ohne Wenn und Aber. Da gab es keine Frage, denn das Spiel wäre auf etlichen PCs schlicht nicht oder nur mangelhaft gelaufen. Der Kunde hätte dann das Stück Software einfach in den Laden zurückgebracht und das Thema wäre erledigt, good luck next time. Ohne eine Internetanbindung bei der breiten Kundschaft war es nicht möglich, ein veröffentlichtes Produkt im Nachhinein auszubessern. Was nicht an Tag eins funktioniert hat, würde auch in Zukunft nicht funktionieren, weshalb dieser Umstand unbedingt vermieden werden musste. Zwar boten Spielemagazine wie PC Games, PC Action oder die Gamestar Patches auf ihren beiliegenden CDs an, doch die meisten Käufer haben sich nicht auf vage Patchmöglichkeiten verlassen und ein unfunktionales Stück Software schlicht zurückgegeben.
Die Entwickler und Publisher waren bereits aus purem Eigeninteresse dazu verdonnert, eine einwandfreie und hoch funktionale Software abzuliefern, es gab keine wirkliche zweite Chance mehr. Wenn ein Spiel besonders gut bei der Kundschaft ankam, wurde gerne ein Expansionpack nachgeliefert, natürlich auf CD, kaum einer hätte die nötige Verbindung gehabt, um den Titel aus dem Internet zu laden. Noch heute bin ich ein stolzer Besitzer einer solchen Erweiterung und zwar Warcraft II: Beyond the Dark Portal. Es gab auch keine Kaufmöglichkeiten im Spiel. Neue kosmetische Varianten und dergleichen waren nicht hinter Echtgeldeinkäufen versteckt, sie wurden freigespielt. Manchmal genügte es, einfach das Spiel durchzuspielen, manchmal musste es in einer gewissen Zeit geschehen oder unter anderen Bedingungen. Aber ein Faktor blieb: Alles war im Spiel enthalten, egal was mit dem Entwickler oder dem Publisher geschah, das Spiel war bei dir Zuhause, es war dein Eigentum. Das ist heute anders. Ich habe versucht, davor zu fliehen. Und ich habe versagt.
Alle Artikel zu „Die Flucht vor DRM“
- Kapitel 1 – Der Garten Eden des Gamings
- Kapitel 2 – DRM führt einen Vernichtungsschlag gegen den PC
- Kapitel 3 – Der erste sichere Hafen und dessen Übernahme durch das DRM Jagdgeschwader